Ein Gespräch mit Olaf Brill über seinen Band 2 der PERRY RHODAN-Miniserie ATLANTIS 2.
Alexandra Trinley: Olaf, du hast den zweiten Band der aktuellen Miniserie geschrieben. Diesmal gibt es zu jedem der Romane Soundtracks, deiner ist unter »Sperrzone Arkonspitze: PERRY RHODAN-Atlantis 2, Band 2 (Soundtrack)« auf Spotify und Apple Music zu finden. Wie kamt ihr auf diese Idee?
Olaf Brill: Das hat sich natürlich unser hipper junger Exposéautor Ben Calvin Hary ausgedacht, der seine Finger ja immer am Puls der Zeit hat und diese Miniserie so liebevoll betreut wie die Atlanterin Caysey ihr Baby Tyler. Ich glaube, die Idee kam relativ spontan auf und ist ja nur so ein nettes kleines Gimmick: Wir bieten zu jedem Roman eine Playlist, die man sich auf Spotify, Apple Music und YouTube anhören kann – den »Soundtrack zur Serie«.
AT: Stichwort Baby Tyler. Den hattest du schon auf einem Titelbild. Möchtest du ATLANTIS 1-Unkundigen eine Vorstellung davon geben, wie Tyler die beiden Miniserien verbindet?
OB: Für ATLANTIS 1 hat Ben Hary eine wunderbare Figur erfunden: die Atlanterin Caysey, die in der irdischen Steinzeit auf dem sagenumwobenen Kontinent lebt. Als unsere Helden auf Caysey treffen, ist sie hochschwanger. Sie tut alles, dass ihr Kind überleben kann, und am Ende der Serie wird dieses Kind tatsächlich unter unglaublichen Umständen geboren, und Caysey gelangt mitsamt Neugeborenem mit Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger in die Welt der Zukunft, aus der diese nach Atlantis gekommen sind. Damit ist Cayseys großes Abenteuer überstanden, und so haben wir die erste Miniserie beendet.
In ATLANTIS 2 erzählen wir nun, was nach der Rückkehr in die Zukunft geschieht: Unsere Helden – mitsamt Caysey und Baby – landen in einer Welt, die Rhodan und Dorksteiger nicht wiedererkennen – eine Welt, in der Atlantis niemals untergegangen ist.
Wir steigen in ihre Geschichte wieder ein, als sie bereits fünfzehn Jahre auf dem Atlantis der Zukunft leben. Sie versuchen, in dieser für sie neuen Welt zurechtzukommen – und Rhodan und Dorksteiger versuchen natürlich, einen Weg in die ihnen vertraute Welt zu finden. Schließlich werden sie ja in der Hauptserie gebraucht. Aber Cayseys Baby ist inzwischen ein 15-jähriger Junge, der nichts anderes kennt als unser Atlantis der Zukunft. Alle seine Freunde und jeder, den er kennt, lebt hier in dieser für Rhodan und die Leser »falschen« Welt. Das wird noch spannend, wenn es darum geht, ob Perry Rhodan die ursprüngliche Zeitlinie wiederherstellen kann!
AT: Ich finde diese Überblendtechnik der Realitätsebenen recht unterhaltsam. Dein Roman hat ein stimmungsvolles Titelbild von Dirk Schulz. Hast du dir das Motiv ausgesucht?
OB: Ich habe einen Motivvorschlag eingereicht, dem dieses Bild im Wesentlichen entspricht, mit kleinen Abweichungen. Das ist aber völlig okay. Der Künstler benutzt unsere Anregungen nur, um seine eigene Vision der Welt unserer Miniserie zu finden. Es nennt sich künstlerische Freiheit.
AT: Wer sind die drei Leute auf dem Tibi?
OB: Das sind Dante und Tyler, zwei Jungs aus Atlantis, die sich auf eine Sache einlassen, die ihnen über den Kopf zu wachsen droht. Außerdem der geheimnisvolle Ritter Koomal Dom, der einem neuen Volk angehört, das Ben Hary für diese Miniserie kreiert hat: Die Kol Mani gehören in dieser Version der Zukunft zu den vorherrschenden Kulturen der Galaxis.
AT: Und das Gefährt?
OB: Das kennen die Leser, die bereits ATLANTIS 1 gelesen haben: Es ist die ZIBORAL, ein garbeschianisches Raumschiff, das vor einer Million Jahren auf Atlantis abgestürzt ist. Es ist inzwischen in einer Höhle tief im Innern der Arkonspitze verborgen, einem Berg an der Westküste von Atlantis, der wie ein Saurierzahn spitz in den Himmel ragt. Ich mag ja solche geheimnisvollen Settings. Deswegen habe ich ein Bild mit der ZIBORAL in der Höhle fürs Titelbild vorgeschlagen.
AT: Was stellt die große Form im Vordergrund dar?
OB: Das musst du allerdings Dirk Schulz fragen. (grins)
AT: Der Titel lautet »Sperrzone Arkonspitze«. Was ist damit gemeint?
OB: Die Arkonspitze mit dem dort liegenden uralten Raumschiff wird von den Herrschern von Atlantis abgesperrt, weil dort geheimnisvolle Dinge geschehen. Natürlich – man kann es sich denken – müssen unsere Helden da trotzdem rein. Geheimnisvolle Dinge sind ja unser Metier!
Ein Titel wie »Sperrzone Arkonspitze« klingt außerdem nach K. H. Scheer, dem Gründervater der PERRY RHODAN-Serie, nicht wahr? Das ist natürlich Absicht.
AT: Wo Gründerväter sind, gibt es auch langjährige Fans, die ihre eigenen Ideen haben. Band 1 gab uns ja schon viele Informationen über die veränderte Zeitlinie, in die es Perry Rhodan, Sichu Dorksteiger und Atlan da Gonozal verschlagen hat. Glaubst du, die zahlreichen Arkonidenfans unter den Lesern könnten sich über die veränderte Darstellung ihres Lieblingsvolkes aufregen?
OB: Nö, wieso? Die Arkoniden existieren ja weiterhin in über dreitausend Romanen der Hauptserie. Da wird man uns doch wohl erlauben, ein wenig mit der Vielzahl der Möglichkeiten zu spielen, die sich ergeben, wenn sich die geschichtlichen Ereignisse in der Milchstraße etwas anders abgespielt hätten. So ein Gedankenexperiment hat doch bestimmt auch für Arkoniden-Fans einen ganz besonderen Reiz!
AT: Oder dass ihr die Herzen der Atlan-Verehrerinnen brecht?
OB: Auch da ist der alte, grummeligere Atlan unserer neuen Zeitlinie doch mal ein interessanter Blick in eine Welt, die es so bei PERRY RHODAN noch nie gab. Wer vom alten Atlan lesen will, kann sich ja noch mal PERRY RHODAN-Band 50 oder die Zeitabenteuer von Hans Kneifel oder die ATLAN-Serie mit 850 Bänden oder die Miniserien ab ATLAN TRAVERSAN vornehmen. Wer vom aktuellen Atlan der Hauptserie lesen will, bekommt da ja gerade in PERRY RHODAN-Band 3216 von Kai Hirdt was geboten.
AT: Ich schlage mal die erste Seite auf, ja? Und ich frage ganz naiv. Was habe ich unter der Datumsanzeige »Tag 101, Epoche 10.304« zu verstehen?
OB: In unserer Miniserie, in der die Terraner und die Arkoniden nie die uns bekannte Rolle gespielt haben, herrscht in der Galaxis natürlich eine andere Zeitrechnung. Bei der Zeitangabe über unseren Kapiteln der »Gegenwartshandlung« handelt es sich um die nimidische Zeitrechnung des Kol-Manischen Korrelats. Ein nimidischer Tag hat zehn nimidische Stunden, die der Einfachheit halber in etwa vierundzwanzig terranischen Stunden entsprechen. Die Kol Mani fassen jeweils tausend Tage zu einer »Epoche« zusammen.
AT: Der erste Satz lautet: »Alarm in Can Coronto!« Was ist das für ein Ort?
OB: Can Coronto ist die Hauptstadt des Atlantis der Zukunft, eine Stadt der Lichter und Farben. Ben Hary hat sie sich ausgedacht und in einem ausführlichen Datenblatt sehr genau beschrieben. Wir werden sicherlich im Lauf der Serie noch einiges davon kennenlernen. Daher resultiert auch der Neonpunk-Look unserer neuen Miniserie. Ben wollte bewusst etwas ganz anderes machen als das altertümliche Atlantis, das man sich vorstellt, wenn man die klassischen PERRY RHODAN-Romane liest. Schließlich sind in unserer Serie inzwischen mehr als dreizehntausend Jahre vergangen. Da wird der Kontinent sich genau so verändert haben, wie ja auch Griechenland nicht mehr so aussieht wie zu Platons Zeiten (wobei das alte Atlantis unserer Serie ja noch viele tausend Jahre vor Platon existierte).
AT: Ich begrüße das. Der Personenkasten informiert mich, dass Perry Rhodan als Verkünder einer Superintelligenz fungiert. Was ist eine Superintelligenz?
OB: Superintelligenzen sind höhere Wesen, die wir in der klassischen PERRY RHODAN-Serie schon sehr früh kennenlernen, die da aber noch nicht so hießen: Die Superintelligenz ES, die unsere Helden in PERRY RHODAN-Band 19 kennenlernen, hieß da noch (wie besagter Band 19): »Der Unsterbliche«. Später entwickelte der Schriftsteller und PERRY RHODAN-Exposéautor William Voltz das sogenannte Zwiebelschalenmodell, demnach die Lebewesen im Universum zu immer neuen Daseinsformen emporsteigen: Zuerst sind sie primitive Lebensformen, die nur ums Überleben kämpfen, dann entwickeln sie sich zu intelligenten Wesen, die Kultur und Zivilisation aufbauen, später werden sie zu einer raumfahrenden Kultur, dann Raumfahrern, die sogar über die Grenzen des eigenen Sternensystems hinausstoßen, und schließlich vergeistigen sie sich zu einer übermächtigen Superintelligenz. Es gibt in der PERRY RHODAN-Serie sogar noch mehrere Stufen über dem Status der Superintelligenz.
AT: Und was hat es mit dieser speziellen Superintelligenz auf sich?
OB: Was die Eigenart der Superintelligenz ist, als deren Verkünder Perry Rhodan in der neuen Miniserie fungiert … nun, dafür müsst ihr schon die Serie lesen. Ich kann euch jedenfalls versprechen, dass uns da noch die eine oder andere Überraschung erwartet. Und zwar solche, die nicht nur langjährige PERRY RHODAN-Leser verstehen.
Wer die klassische PERRY RHODAN-Serie noch überhaupt nicht kennt, dem kann ich diese Info dazu geben: Dort war Seth-Apophis eine negative Superintelligenz, die von Perry Rhodan und seinen Terranern bekämpft wurde. Bei uns ist er plötzlich ihr Verkünder. Was ist da denn los?
AT: Gute Frage. Ein gewisser Koomal Dom wird als entführter Ritter vorgestellt. Was können wir uns unter diesem Protagonisten vorstellen, und was unter seiner Art von Ritterschaft?
OB: Koomal Dom gehört dem Volk der Kol Mani an, das wir in dieser Miniserie vorstellen. Das sind Außerirdische, die wir bisher in der PERRY RHODAN-Serie noch nicht kennengelernt haben. Du musst unbedingt mal Ben Hary danach fragen, wie er sich die Kol Mani ausgedacht hat! Ich will das hier nicht vorwegnehmen.
Dom ist, wie sich das für eine Hauptfigur so einer Serie gehört, ein besonderer Kol Mani, ein Held seines Volkes mit Rittertitel. Was sich dahinter genau verbirgt … da gibt es eine Enthüllung in einem Kapitel meines Romans, das den Lesern, die die PERRY RHODAN-Serie kennen, eine Verbindung zur klassischen Serie aufzeigt.
AT: Die ersten Seiten schildern eine Szene unter Jugendlichen. Befürchtet ihr nicht, dass manche älteren Leserinnen und Leser mit so jungen Leuten gar nichts mehr anfangen können?
OB: Ich bin der Meinung, dass sich jede und jeder grundsätzlich in jede Figur hineinversetzen kann. Ich bin kein Cowboy, Astronaut oder Geheimagent, und ich erlebe trotzdem gerne Abenteuer mit ihnen. Ich bin keine Frau, aber ich fiebere mit Ripley in »Alien«. Ich bin kein Jugendlicher, aber wenn ich die Fernsehserie »Die wilden Siebziger« sehe, identifiziere ich mich immer mit den Kids (obwohl ich inzwischen so alt bin wie ihre Eltern in der Serie).
Die Frage ist meines Erachtens eher, ob man sich in bestimmte Figuren hineinversetzen will. Das steht natürlich jedem Einzelnen vollkommen frei. Manche Fans haben eine ganz genaue Vorstellung davon, welche Geschichten sie bitte schön serviert haben wollen. Jeder sucht sich schließlich die Geschichten, die zu ihm passen, und wem unsere jugendlichen Figuren nicht passen, der wendet sich vielleicht den anderen Figuren zu oder liest eine andere Serie. Das finde ich aber alles völlig okay. Es mag andere Leser geben, die unsere Serie wegen dieser Figuren besonders mögen. Die Geschmäcker sind schließlich verschieden.
AT: Ich möchte noch mal auf die Playlist zurückkommen, die wir auf der zweiten Umschlagseite finden. »Olaf Brill empfiehlt« und so weiter. Wie kam deine Liste zustande?
OB: Die Auswahl und Zusammenstellung besorgt Ben zusammen mit einem Kollegen, der in der zweiten Hälfte von ATLANTIS 2 noch zum Einsatz kommen wird. Die beiden haben da eine ganz genaue Vorstellung, wie die Musik zur Serie sich anhören soll: neonbunt, elektrolastig, gefühlvoll und modern. Und es ist ja auch sinnvoll, dass sich Leute darum kümmern, die sich richtig gut auskennen und dafür sorgen, dass sich die Mischung über die ganze Miniserie hinweg rund anhört.
AT: Ihr seid da gar nicht selbst beteiligt?
OB: Wir Autoren dürfen natürlich Vorschläge zu »unseren« Soundtracks machen oder Vetos einlegen. Ich denke, meist läuft das so, dass wir Ben ein paar Stücke nennen, die wir beim Schreiben gehört haben oder von denen wir einfach glauben, dass sie gut zum Roman passen. Und dann machen Ben & Kompagnon daraus ihr Ding.
Im Fall von Band 2 habe ich zum Beispiel ein paar Stücke der Scherben aus den Siebzigern genannt, die ich sehr mag, und ich glaube, eins davon hat es dann tatsächlich auf Bens Playlist geschafft. Da ist also nicht nur die Musik der Millenials und Gen Z dabei. Ich glaube allerdings, das über vierzig Jahre alte Stück passt erstaunlich gut zum Rest der Musik. Es musste ja nicht gleich der »Rauch-Haus-Song« sein.
AT: Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass du mehr über diese Art von Musik zu sagen hättest, als es dieses Interview verkraften würde. Also frage ich dich lieber nach etwas Fehlendem: In ATLANTIS 1 hattest du doch diese Kommentare geschrieben. Die gibt es diesmal nicht?
OB: Die Idee zum »Atlantis-Kommentar«, der in der ersten ATLANTIS-Miniserie im Anschluss an den Romantext abgedruckt wurde, stammte aus einem Chat zwischen Ben Hary und mir im Jahr 2021. Es gab früher schon solche Extratexte unter dem Titel »PERRY RHODAN-Computer« und »PERRY RHODAN-Kommentar« in der PERRY RHODAN-Serie und als »Der Extrasinn« in der ersten ATLAN-Miniserie.
Der Redaktion gefiel die Idee gut, dass wir den Miniserien mal wieder so ein Extra beigeben, also habe ich tatsächlich zu den zwölf ATLANTIS-Bänden des Jahres 2022 zwölf »Atlantis-Kommentare« geschrieben. Dabei hatte ich gar nicht beabsichtig, dass ausgerechnet ich nun unbedingt derjenige sein musste, der diesen Auftrag ausführt. Aber als er mir angeboten wurde, habe ich ihn gerne angenommen, und zwar vor allem deshalb, weil ich in der ersten ATLANTIS-Serie von vornherein als Autor von Band 11 vorgesehen war. Da hat mich der »Kommentar« dazu gezwungen, mir wirklich jeden Roman der Kollegen ganz genau anzusehen. Und so war ich hervorragend gewappnet fürs große Finale!
AT: Aber diesmal gibt es keine?
OB: Für ATLANTIS 2 hatte die Redaktion die ATLANTIS-Kommentare nicht mehr vorgesehen. Wir haben ja alle viele Projekte, und es ist wirklich auch ein zusätzlicher Aufwand, den wir da betreiben müssen. Es bin ja nicht nur ich als Autor daran beteiligt, sondern auch die Redaktion, Lektorat, Korrektorat, Grafikabteilung und Satz. Also, es ist keine kleine Aufgabe, mal eben alle vierzehn Tage eine zusätzliche Kommentar-Seite zu produzieren.
Und als Extra haben wir ja diesmal die Playlists. Dafür haben sich halt zwei gefunden, die das gerne so nebenbei machen mochten, und die Marketing-Abteilung hat sofort mitgespielt, dafür die zweite Umschlagseite zur Verfügung gestellt und das Ganze grafisch sehr schön aufbereitet.
AT: Aus dem Forum soll ich dich fragen, wer der beste Expokrat sei.
OB: Der-Geheimchip-in-meinem-Hirn-springt-an. Ben-Calvin-Hary-ist-der-beste-Exposéautor-der-Welt. Ich-möchte-nur-noch-nach-Exposés-von-Ben-arbeiten. ATLANTIS-2-ist-die-coolste-Miniserie-die-es-gibt. Kauft-ATLANTIS. Heil-Seth-Apophis!
AT: Ähm. Ich glaube, es ist Zeit für eine Interviewpause. Er guckt so irre.
Mehr Informationen über ATLANTIS 2 gibt es übrigens auch im kommenden Newsletter der PRFZ.
Die Leseprobe findet ihr hier.