Georg Joergens, Mastermind hinter dem RZJ beantwortet im Interview mit Roman Schleifer Fragen nach der Faszination von Risszeichnungen, der Recherche und versteckten Gimmicks.
Georg, du bist von Beruf Koch – wie bist du zum risszeichnen gekommen? Wie ist diese Leidenschaft entstanden?
Daran ist eigentlich die Bundeswehr schuld. Als ich in der Grundausbildung war, erschienen gerade die ersten Bände der TERRANAUTEN Roman-Serie. Auch hier wurden nach kurzer Zeit verschiedene Zeichnungen und Leserzeichnungen veröffentlicht. Eine davon war in meinen Augen so schlecht, dass ich mir sagte – dass kannst du auch.
Durch PERRY RHODAN kannte ich mich einigermaßen mit dem Aufbau einer solchen Zeichnung aus, und im Zeichnen hatte ich schon in der Schule immer eine Eins.
So entstand meine erste Risszeichnung in den abendlichen Stunden auf der Stube in einer Kaserne in fernen Rheine, nur mit Filzstift und Lineal. Mit einem kurzen Leserbrief schickte ich sie an den Bastei-Lübbe Verlag.
Nur wenige Wochen später erschien doch tatsächlich meine Zeichnung mit Brief auf der Leser-Kontaktseite. Das machte Mut, und so schickte ich weitere Zeichnungen an der Verlag.
Durch den Kontakt zu anderen Terranauten-Zeichnern (einer war Bauzeichner) erweiterte ich schnell mein Basiswissen und so konnte ich später regelmäßig Risszeichnungen in den Terranauten veröffentlichen.
Was fasziniert dich an Risszeichnungen?
Vor allem das Design, Innen wie Außen. Aus diesem Grund mag ich auch mehr die kleineren Objekte, denn da sehe ich mehr vom Interior. Der Auslöser hiefür war die MULTIRASTA von Günter Puschmann aus PR Band 1131.
Beschreib uns den Weg von dem mit Worten beschriebenen Raumschiff zur Risszeichnung.
Da in den Exposés zumeist schon eine Beschreibung der Form vorliegt, ist eine Visualisierung diese zumeist sehr einfachen Grundform recht leicht.
Ich für meinen Teil versuche dann dem Objekt (sofern das Exposé es zulässt) etwas von der Herkunft bzw. der Rasse mitzugeben. Ein terranisches Schiff sieht von der Form und dem Design her auf jeden Fall anders aus, als ein Reptiloiden oder Insektoidenschiff. Hier recherchiere ich zumeist die Form der Rasse und etwas den kulturellen Hintergrund, denn der kann sehr viel über Lebensgewohnheiten aussagen und damit Rückschlüsse auf ein mögliches Design zulassen.
Wie viele RZ schaffst du pro Jahr realistischerweise?
Auch hier kommt es auf die Größe und die damit benötigte Zeit an. Hier ist von 40 bis 400 Stunden alles möglich, da ich ja nicht kontinuierlich jeden Tag acht Stunden an einer solchen Risszeichnung sitze.
Früher habe ich zehn und mehr in einem Jahr gemacht. Heute sind es meist nur eins bis drei Risszeichnungen, aus verschiedenen Gründen.
Wer sind deine Vorbilder?
In Punkto PERRY RHODAN-Risszeichnungen sind meine großen Zeichenvorbilder: Günter Puschmann, Jürgen Rudig, Gregor Sedlag, Manuel deNaharro und natürlich Oliver Scholl.
Auf dem Gebiet des Designs Leute wie Syd Meat, Peter Andrew Jones, Ron Cobb etc.
Auch keiner der anderen Risszeichner hat diese Profession gelernt. Abgesehen von der Faszination der visuellen Umsetzung der RHODAN-Technik – was denkst du, verbindet euch?
Auf jeden Fall mal die Liebe zum Detail, dem Design und der Technik. Zu sehen was machbar ist und die Faszination eine Welt zu visualisieren, die Ihres Gleichen sucht!
Wo sind die Grenzen einer Risszeichnung?
Limitiert sind die Details. Je größer ein Objekt wird, desto größer sind auch die Details. Nehmen wir eine Space Jet – hier kannst du Sitze, Schränke, Personen und ggf. sogar Alltagsgegenstände darstellen. Bei einem Objekt wie z.B. der »Basis« oder »Der Klotz« kannst du nicht mal eine Space-Jet darstellen, da diese im Maßstab noch nicht einmal einen »Fliegenschiss« also kleinen Punkt abgeben wurde.
Hier dienen andere Mechanismen, um eine solche Zeichnung für den Betrachter interessant zu machen.
Der KLOTZ war ja eine Gemeinschaftsarbeit. Würdet ihr so ein Projekt noch einmal machen?
Der Klotz war schon eine ziemlich extreme Erfahrung. Sowohl was die Arbeitsteilung, als auch was die Dimensionen angingen. Als wir diese RZ gemacht haben, wohnten viele der Beteiligten relativ nahe zusammen. Dadurch waren mehrere Treffen kein Hindernis. Heute würde sich das anders darstellen – aber durch das Internet und seine Möglichkeiten, sind auch wieder neue Wege der Kommunikation offen.
Also – ich denke – machbar wäre es.
Im KLOTZ versteckt sich unter anderem die Skyline von New York. Was hat ihr heimlich in die Risszeichnungen eingebaut.
Gags und Gimmiks gibt es in sehr, sehr vielen Risszeichnungen. Auch heute noch!
Man könnte beim Klotz sagen – je größer die Zeichnung, desto mehr Gags enthält sie – aber das lag sicherlich an der Anzahl der Zeichner und nicht nur an der Zeichnungsgröße. So feierte nicht nur PR seinen 1400sten Band, sondern die Zeichner feierten gleichzeitig Ihren Ausbruch humoristischer Einlagen. Ein Wunder, das noch so viel ernstzunehmende Technik vorhanden war.
Apropos Kollegen: Auf welche RZ eines Kollegen bist du neidisch?
Neidisch wäre das falsche Wort. Ich bewundere sehr, sehr viele Arbeiten meiner Kollegen. Dies hier weiter auszuführen würde aber den Rahmen sprengen.
Es gab immer wieder Poster von einzelnen RZ – wann können wir mit der nächsten rechnen?
Das entscheidet der Verlag und mir sind zur Zeit keine weiteren Pläne in der Richtung bekannt.
Im RZ-Journal und in der Perrypedia finden sich manche Risszeichnungen in Farbe. Wie schade findest du den Schwarzweiß-Druck?
Gar nicht, denn ursprünglich kommt die RZ aus der klassischen, metrischen s/w Darstellung und wir wissen um die Vorgaben zum s/w Druck. Wir haben das Genre weiterentwickelt und immer neue Darstellungsformen ausprobiert und etabliert. Da einige von uns ihre Risszeichnungen mit dem PC erstellen, ist es nur logisch, dass diese farbig gestaltet werden. Das macht dann auch die Präsentation auf der RZ-Journal Homepage etwas exklusiver, wenn wir hier die farbige Version einer RZ anbieten können.
Was wünscht du dir in Punkto RZ-Vorgaben von den Expokraten und von Verena?
Hier ist nach meinem Empfinden alles so, wie es sein sollte. Ich hätte da zur Zeit keine Wünsche oder Verbesserungsvorschläge.
Du hast das RZ-Journal im Jahr 2000 gegründet. Was war damals dein Beweggrund?
Das RZ-Journal war die Clubinterne Zeitschrift der RZCD (Risszeichner Club Deutschland) und die erste Ausgabe erschien am 24.1.1982 in einer Auflage von maximal 10 Stück. Damals tatsächlich nur Clubinterna und wechselnder Redaktion unter den Zeichnern.
Später habe ich des öfteren die Redaktion übernommen und irgendwann wurde aus dem Clubinternen Heft ein für interessierte Abonnenten beziehbares Heft mit einer Maximalauflage von 500 Stück. Im Jahr 2000 erschien dann parallel die erste Webseite zum Journal, welches mit Ausgabe 124 im Jahr 2006 eingestellt wurde.
Im Interview in der SOL 46 hast du gesagt, dass du lieber kleinere Objekte zeichnest – ist das gleich geblieben? Hat sich da etwas geändert?
Das ist tatsächlich immer noch so. Das kannst du anhand meiner letzten Risszeichnungen aus den Bänden 2935, 2643, 2611, etc. ersehen. Zur Zeit habe ich eine neue Risszeichnung fertig gestellt die in Band 3059 erscheinen wird. Auch wieder eines meiner bevorzugten, kleineren Objekte.
Normalerweise kommen die Ideen zu Raumschiffen vom Expoteam oder von Verena. Bei welchen Objekten gab es den umgekehrten Weg, sprich vom RZ zum Expoteam?
Da bin ich leider nicht ganz auf dem Laufenden, da das die einzelnen Zeichner direkt mit dem Expoteam machen.
Wie gefällt dir der Zyklus bislang?
Ich hinke schwer hinterher, und bin noch gar nicht beim aktuellen Zyklus angekommen.
Auf der RZJ-Homepage gibt es 15 Folgen von »Freihand zur Folie«, beginnend mit 1983. Wann kommt Folge 16?
Die Artikel stammen allesamt aus den Risszeichnungs-Journalen. Aktuell komme ich nicht dazu weitere Artikel zu verfassen und habe das auch erstmal nicht geplant.
Im Netz findet sich Titelbild-Animationen von Thomas Röhrs und Raimund Peter. Was sagst du zu solchen Animationen?
Tolle Arbeit! Da ich selber noch nicht mit 3D Programmen arbeite, aber hier und da schon einmal reingeschnuppert hatte, haben die Beiden meinen allergrößten Respekt für Ihre Arbeiten!
Raimund Peter plant Animationen auf Grundlage von Risszeichnungen – welche Ideen hättest du für ihn?
Damit habe ich mich gedanklich noch nicht befasst.
Von all deinen RZ – auf welche bist du besonders stolz und was ist der Grund dafür?
Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich bin auf jede einzelne meiner Arbeiten stolz. Zu jeder RZ gibt es eine Geschichte und jede war in Ihrem Bereich einmalig.
Wenn es eine solche RZ von mir überhaupt gibt, dann würde ich sie aber eher bei meinen Arbeiten für den Kantaki-Zyklus von Andreas Brandhorst, oder meiner U.S.S. Defiant, die ich für Dirk Bartholomäe gemacht habe, ansiedeln.
Wie oft werden RZ abgelehnt?
Bis dato habe ich keine angelehnt bekommen. Es soll aber schon vorgekommen sein, mir ist nur kein Bespiel gerade bekannt.
Was war die verrückteste RZ, die du jemals gezeichnet hast?
Atlan Band 760 – Schwerer Erkunder der Tessaler. Sie war komplett freihändig gezeichnet, ohne jegliches Hilfsmittel und eine Homage an Jürgen Rudig’s Redhorse Jäger.
Was ist der Unterschied zwischen RZ und Datenblättern?
Risszeichnungen zeigen wie es in einem Objekt aussieht, die Datenblätter waren zumeist Mehrseitenansichten, oder grafische Außenansichten von Raumschiffen und Objekten. Es wurden auch Risszeichnungen als Datenblätter veröffentlich, dies aber nur, weil diese vom Interesse oder dem Aufwand her, es nicht in die Heftmitte der Erstauflage geschafft haben.
Du zeichnest ja alles am Computer – wenn ich dir den wegnehmen würde …
Dann hätte ich bald einen Neuen – aber ich kann es auch noch ohne. Am PC kann ich jedoch besser und schneller Änderungen vornehmen und viel mehr ausprobieren, als wenn ich klassisch mit der Hand zeichne und dann radieren darf.
Auf der RZJ-HP gibt es einen RZ-Kurs. Wie viele haben ihn absolviert?
Darüber gibt es keine Dokumentationen, aber es gibt schon einige Zeichner, die sich dadurch haben inspirieren lassen. Ich glaube Gerhard Weidenthaler gehört dazu.
Wenn du eine Risszeichnung mit einem Gericht vergleichen müsstest … was wäre dann die RAS TSCHUBAI? Und die THORA? Und was wäre die APPU?
Das sind zwei komplett unterschiedliche Genre, die ich gedanklich noch nie miteinander in Bezug gebracht habe.
Wo nimmst du die Ideen für die Aggregate her? Immerhin sind die selten im Heft beschrieben?
Verschiedene Aggregate sind schon durch andere Zeichner definiert worden. Ansonsten versuche ich durch Funktion und »Wichtigkeit« das Aggregat zu gestalten. Gregor Sedlag hat in diesem Bezug mal von »form follows function« gesprochen.
Orientiert ihr euch beim Aufbau der Raumschiffe an See-Schlachtschiffen?
Mittlerweile eigentlich mehr an unseren vielen Risszeichnungen, oder anderen Raumschiffszeichnungen anderen Serien.
Für mich als Laien haben Jürgen Rudig & Gregor Sedlag einen anderen Stil. Gibt es bei den RZ so etwas wie Diskussionen über Purismus?
Eine Diskussion darüber gibt es nicht, jedoch erfordert der doch recht einfach s/w Druck klare Linien. Wenn eine Zeichnung zu viele Grauflächen enthält, wird sie gerasterd und im Heftabdruck sehr undeutlich – wie unlängst wieder bei der THORA aus Band 3039 geschehen. Daher sind die klassischen Rasterfolien oder Handlinien wie Jürgen Rudig und Gregor Sedlag sie verwenden am besten für eine gute Druckqualität.
Wie haben sich die RZ im Laufe der Jahre verändert?
Das wäre ein Thema für eine eigene Vortragsreihe. Aber bei den Arbeiten der letzten Jahre ist ein deutlicher Trend »Back tot he Roots« zu beobachten. Nicht zuletzt wegen der Einschränkungen, die der Druck uns setzt.
In der SOL 46 wollte deine 15järhige Tochter so gut zeichnen wie du, doch sie hing zu oft in Chats – was hat sich da geändert?
Sie ist nunmehr 28 Jahre, hat einen eigenen Hausstand und zeichnet nicht mehr.
Georg, danke für deine Zeit.
Hier gehts zum Risszeichnungs-Journal
http://www.rz-journal.de/
Hier zu Georgs farblichen Projekten:
https://www.deviantart.com/paul-muad-dib/gallery/70498037/colored-ink-drawings
Hier zur Perrypedia-Übersicht aller Risszeichnungen:
https://www.perrypedia.de/wiki/Risszeichnungen