Wim Vandemaan, alias Expo-Autor Hartmut Kasper, schreibt seinen vierten Roman im Mythos-Zyklus. Im Interview mit Roman Schleifer verrät er, ob alle offenen Enden des Zyklus geschlossen werden und ob Perry Rhodan im nächsten Zyklus nach Andromeda aufbricht, um die dortige Allianz zu sprengen.
Falls ich mich richtig erinnere, bist ja mit der ATLAN-Serie in die RHODAN-Kosmos als Leser eingestiegen. Welchen Bezug hast du zu dem unsterblichen Arkoniden?
Die Atlan-Romane waren ja keine Atlan-Romane, sondern Tekener/Kennon-Romane. Kennon ist für mich eine der großen Figuren der Serie. Ich habe ihn übrigens auch deswegen gemocht, weil mein Großvater, der mir den Erwerb vieler Romane erst ermöglicht hat (»Opa, die haben da ein neues Heft in der Auslage … nicht ganz billig, aber sicher eine großartige Investition in die Zukunft. Jedenfalls in meine!«), körperbehindert war: Er hatte, Seemann, im Krieg beide Beine verloren.
Wer ist für dich leichter zu handhaben: Perry oder Atlan? Und was ist der Grund?
Perry Rhodan. Eine Figur, die so sozialisiert worden ist wie Atlan, kann ich mir nicht gut vorstellen. Im Grunde ist Atlan eine Art Churchill: Hochadel, legitimer Erbe, zu Höheren geboren, ausgebildet und bestellt. Bei Atlan war früh klar, wie groß er ist – auch körperlich: 1,87 Meter. Rhodans Körpergröße war lange unbekannt, und ich hätte es lieber dabei belassen. Andererseits kann man manchmal Figuren, denen man distanziert gegenübersteht, besser erzählen. Zu große Nähe macht unaufmerksam.
Zitat Atlan: Nicht einer hat mich je gefragt: War es dir auch warm genug?
Sprudelt eine Betrachtungsweise Atlans wie in der ersten Szene einfach aus dir raus oder sitzt du vor dem PC und grübelst, was man über Atlan noch erzählen könnte?
Ich recherchiere Aussagen der Serie und mache mir meine Gedanken, genauer: Ich frage mich, was diese Aussagen in Wirklichkeit für die Figuren bedeuten würden (so, wie Alex Ross die Superhelden als wirkliche Menschen zeichnet).
Zum ersten Mal haben wir vom Andromeda-Desaster auf dem PRFZ-Con in Osnabrück erfahren. War das damals nur ein Schlagwort oder gab es damals schon den Inhalt aus Band 3058?
Der Inhalt war mir weitgehend klar. Auch, dass ich den schreiben und es nur einen Roman geben sollte. Der Tamaron war gesetzt; Ganud auch. Rikmoon ist erst später dazugekommen, erst im fertigen Expose.
Der Eistänzer ist eine höchst mysteriöse Figur, über die ich gern mehr erfahren möchte. Ich hoffe auch, dass er nicht einfach grundlos von dir erwähnt wurde. Kannst du mir versprechen, dass er im nächsten Zyklus eine Rolle spielt?
Der Eistänzer ist nur zum Teil eine Erfindung, ich habe eine entsprechende Gestalt in einem Konzertsaal oder Punkschuppen gesehen, lebensgroß, sicher über zwei Meter, sehr dunkel, ein absoluter Blickfang, wie ich ihn noch nie gesehen hab. Ich habe immer ein Notizheft dabei (Moleskin in Rot) und habe mir alles aufgeschrieben; damit war dieser Teil des Romans klar: eine Kunstfigur, die ich unbedingt im Roman haben wollte. Ein Rätsel, das ich auch selbst bald gelöst haben möchte, aber nicht in diesem Zyklus.
Die Terraner kommen bei Aureni-Tarat nicht besonders gut weg (»Sie hinterlassen eine Spur der Verwüstung«). War Rhodans Einmischung gegen die MdI seinerzeit falsch?
Das weiß ich nicht. Ich habe mal bei Christa Wolf einen Satz gelesen, ich glaube in »Kassandra« (habe es nicht nachgelesen): Man soll den eigenen Erinnerungen nicht trauen.
Das, finde ich, ist ein spannendes Erzählprinzip: Geschichte aus der Perspektive der anderen zu erzählen. Was aber immer nur begrenzt möglich ist.
Der Hinweis auf die beschädigte Milchstraße beschäftigt mich. Ist die Bleisphäre gemeint? (Auch in Bezug zum nächsten Heft »Transuniverseller Keil«) Ist das ein Punkt, den du für den nächsten Zyklus gesetzt hast? Und was ist der Grund, dass ihr so eine folgenschwere Aussage (»Wir glauben, dass die sich die Milchstraße von anderen abgekehrt hat oder noch abkehrt.«) in nur einem Heft abhandelt? Und warum haben die Galaktiker das bislang nicht bemerkt?
Es ist ja nicht abgehandelt.
Und warum haben die Galaktiker das bislang nicht bemerkt?
Weil wir realistisch erzählen, deswegen sind unsere Helden weder allmächtig noch allwissend.
Apropos nächster Zyklus: Andromeda ist abgeschottet, der Frieden wird von einer Allianz bewahrt. Und Atlan will dieses Problem nicht aus den Augen verlieren.
Ich sehe schon den nächsten Zyklus auf uns zukommen: Perry bricht nach Andromeda auf und sprengt die Allianz …
Sprengen? Wird er nicht. Ich sehe ihn eher als Allianzenschmied. Und dazu sollte er Gelegenheit bekommen.
Oder sehen wir im nächsten Zyklus den Tamaron gemeinsam mit Rikmoon alias Soynte Abil alias Ex-Faktor VII Andromeda aufmischen.
Zu Rikmoon und Soynte Abil (übrigens eine Erfindung von MMT) machen wir uns viele Gedanken, ja.
Wie sehr würde es dich reizen, den MdI Zyklus neu und anders zu erzählen?
Was müsste passieren, dass ihr das umsetzt?
Ich finde, der MdI-Zyklus ist eine so feste Bezugsgröße der Serie, dass durch die Generationen immer wieder versucht worden ist, ihn neu zu erzählen – in der EA, in der ATLAN-Serie, in TBs und in TB-Serien, zum Beispiel Voltz/Ziegler mit den Chronofossilien, Atlan mit dem Comden-Partan-Zyklus, Robert Feldhoff mit Tradom und Andromeda (JOURNEE, Gelbe Meister), MMT mit Ara-Toxin (einer Serie, die ich immer noch großartig finde!).
Und wie diebisch freust du dich darüber, den Lesern solche Häppchen (Soynte Abil könnte noch leben) hinzuwerfen?
Gar nicht diebisch.
Zurück zum Raptus, seit dem das Identfeld der Milchstraße verschoben ist. Der Raptus ist immer noch eines der offenen Fäden des Zyklus. Bislang gibt es außer der Prozession der holografischen Lebewesen und den Thesan keine weitern Hinweise auf die Verursacher. Wie verhindert ihr, dass es am Ende des Zyklus im Schnelldurchgang erklärt wird?
Der wird eine Rolle spielen, auch in den Dyoversum-Geschichten.
Lose Enden gibt es im Zyklus derzeit genug: Raptus, Supramentum, Trajet, Bleisphäre, Zain-Konstrukte, das Dyoversum, Kandidatin Phaatom …
Es gibt ja die Road-Map … gib uns eine Zahl. Auf einer Skala von 0 bis 10 – wie viele offenen Enden werdet ihr schließen?
Alle. Aber nicht alle in diesem Zyklus. Die Zain, die Kandidatin … haben Zeit.
Ich fand den Abschied auf dem Galaxien-Geviert ziemlich abrupt. Was war der Grund, dass ihr nach Rhodan auch die RAS TSCHUBAI abgezogen habt. Geschichten hättet ihr dort ja noch zu genügend erzählen können.
Ja. Aber man muss ja nicht alles erzählen. Jedenfalls nicht gleich.
Das Corona-Virus hält uns derzeit in Schach und vieles ist schaumgebremst oder überhaupt reduziert. Die RHODAN-Serie erscheint weiterhin regelmäßig. Das erinnert mich an die Aussage von Oliver Fröhlich im Interview zu Band 3001:
»Sie war etwas, das es »schon immer gab«. Seit meiner frühesten Erinnerung an Schreibwarenhändler, Kioske und Bahnhofsbuchhandlungen lagen da diese bunten Heftchen in den Regalen. Und egal, was in den Jahrzehnten meines Lebens geschah, während modischem Wagemut in den Achtzigern, während Neuer Deutscher Welle, während erster Liebe und erstem Herzschmerz, während Bundeswehrzeit, Ausbildung, dem Sammeln erster Berufserfahrung, während weltpolitischen Krisen, Kriegen irgendwo auf der Welt, wechselnden Regierungen und was noch alles – stets lagen diese bunten Heftchen in den Kiosken. Wie ein ewige Konstante, ein Anker, der einen glauben macht, dass sich manche Dinge trotz allem Wandel in der Welt eben doch nie ändern.«
Wie stolz bist du, Teil des Teams zu sein?
Das Team sehr groß ist: Ich rechne alle Mitarbeiter dazu, Autorinnen und Autoren, die Redaktion, die Leserschaft und die Ex-Leser, auf deren Rückkehr wir immer hoffen, die Zeichner, Lektoren, Korrektoren, Wiener-Fragen-zum-Roman-Steller, SOLaner, Drucker, Kioskeure und Trafikanten und so weiter. Im Grunde stelle ich mir diesen ganzen Komplex vor wie die Besatzung eines Raumschiffs, zum Beispiel der RAS TSCHUBAI, auf einer großen Fahrt.
Und welchen Notfallplan gibt es, falls Corona auch bei euch zuschlägt?
Peter, der Freund meiner Tochter Sophie, hat uns mit soviel Toilettenpapier (vierlagig) versorgt – ich könnte den nächsten Roman darauf tippen!
RHODAN war ja immer auch ein Spiegel der Zeit. Wie wird sich die Erfahrung die Bedrohung und die Einschränkungen durch das Corona-Virus in den RHODAN-Geschichten widerspiegeln?
Gar nicht. Oder später. Virenimperium 2.0; ich müsste noch einmal bei Kollege Lucács nachlesen, was es mit der Widerspiegelungs-theorie genau auf sich hat.
Hartmut, danke für deine Zeit und bleib virenfrei.
Schöne Grüße nach Wien, take care (ist das die korrekte österreichische Formel?)!
Fast, fast … 🙂
PS: Noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich suche einen Titelbildzeichner für das ebook zur Interviewserie. Es geht natürlich nur um Ruhm und Ehre, aber immerhin.
Interessierte melden sich bitte übers Kommentarfeld. Danke.
Hier gehts zum ebook, zur Lese- und Hörprobe:
https://perry-rhodan.net/shop/item/9783845360584/perry-rhodan-3058-fur-galaktiker-verboten-von-wim-vandemaan-e-book-epub
Hier zum Heft:
https://perry-rhodan.net/shop/item/9999900005196/perry-rhodan-3058-fur-galaktiker-verboten-von-wim-vandemaan-heft
Hier zur Handlungszusammenfassung:
https://www.perrypedia.de/wiki/Quelle:PR3058
Hier zur Diskussion im Galaktischen Forum:
https://forum.perry-rhodan.net/viewtopic.php?f=4&t=12000
Schönes Interview!
Zitat:
RS: RHODAN war ja immer auch ein Spiegel der Zeit. Wie wird sich die Erfahrung die Bedrohung und die Einschränkungen durch das Corona-Virus in den RHODAN-Geschichten widerspiegeln?
HK: Gar nicht. Oder später.
Da muss ich widersprechen. Es spiegelt bereits.
Der von mir ziemlich belächelte Weltenbrand erweist sich in unserer realen Gegenwart – mit all den psychologischen Auswirkungen der weltweiten Corona-Maßnahmen – als geradezu prophetisch:
Zitat aus dem Roman: „Jeder hatte seine Kinder und jedes Kind hatte seine Eltern leiden sehen…Der Weltenbrand hatte in der gesamten Milchstraße eine mentale Landschaft hinterlassen, die wie erschöpft von einem langen, hohen Fieber darniederlag.“
Und so klingt es in der gestrigen Papst-Rede: „Seit Wochen scheint es, als sei es Abend geworden. Tiefe Finsternis hat sich auf unsere Plätze, Straßen und Städte gelegt; sie hat sich unseres Lebens bemächtigt und alles mit einer ohrenbetäubenden Stille und einer trostlosen Leere erfüllt, die alles im Vorbeigehen lähmt: Es liegt in der Luft, man bemerkt es an den Gesten, die Blicke sagen es. Wir sind verängstigt und fühlen uns verloren.“
Ja sogar die „Vervollkommnung der Verlangsamung“ aus Band 3008 findet in unserer entschleunigten Gegenwart eine erstaunliche Parallele. Wer weiß, vielleicht werden wir noch alle zu „Stillmeistern“?
Es ist schon eine bemerkenswerte Synchronizität, wenn in einer Zeit, wo unser kompletter Planet unter Quarantäne steht, in PR dasselbe mit der gesamten Milchstraße passiert.
Expokraten? Nein. Precogs!
Kann Peter nur zustimmen. War auch an mindestens zwo Stellen in die Wirklichkeit zurückgeworfen: während wir hier alle in freiwilliger, anempfohlener, notgedrungener Quarantäne sitzen, gerät die gesamte Milchstraße in solche – das aber ohne Ankündigung und den „Virus“ zu erahnen, von dem sie befallen sind.
Und später sagt die Tefroder-Gesandte sinngemäß, dass man ja nicht wissen könne, ob physischer Kontakt nicht schon übertrage.
DAS ist zur Zeit ja unser Problem in der Welt, wenngleich wir um die Übertragungswege wissen.
Warum hat den Rasender Reporter Roman da nicht investigativ Frage20 eingebaut, wann der Roman abgegeben wurde. Schätze Januar, als nur sehr Präkognitive die Bedeutung dessen, was sich da in China anbahnte, weltweit extrapolieren konnten.
Letztlich also kaum vorausgewusst und doch so zeitgemäß, was den Roman (nicht du, Roman) für mich nur umso anschlussfähiger und gehaltvoller gemacht hat.
Obwohl WiVa gar nicht mal seinen für mich sonst so einmaligen, prägenden Stil umsetzte, wodurch er Figuren so tiefgründig zu zeichnen versteht mit meist eher spärlicheren Strichen.
Und dennoch so viel Kosmologisches, an dem ich mich erfreuen kann: Identfelder – ein galaktisches Äquivalent zu ÜBSEF-Konstanten der Lebewesen?
Und Andromeda ohne Meister geht nicht – faszinierend, wie dieses uralte Thema immer wieder aufgegriffen wird und neue Facetten reinkommen. Nun Faktor VII seit Jahrzehntausenden den Atlan Andromedas gegeben hat – kein Wunder, dass Atlan hellhörig wird und sicher gerne mal vorbeigucken möchte;-) Vermutlich aber nicht auf einen Möhrensaft …
Tolles Heft, gerade auch weil mit „Caer“ und Ganud in mehr als der Hälfte so ganz andere und doch mehrfach bekanntgewordene Figuren im Zentrum gestanden haben.
BTW: Ganud brauche 2h, um seine Geschichte zu erzählen. Da dürfte der Duale Exptän gut abgeschätzt haben: ein Hörheft etwa 3h, mehr als die Hälfte des Romans für Ganuds Handlugnsebene, macht etwa 2von3Stunden:-) Müsst eman mal exakt abmessen, ob das im Hörheft genauso hinkommt – WEHE NICHT! Ein Posbi, der Zeit nicht richtig abschätzen kann
Gruß Dominic
Hartmut klärt im Galaktischen Forum auf, wann er den Roman geschrieben und abgegeben hat.
https://forum.perry-rhodan.net/viewtopic.php?p=699671#p699671