»Operation Tempus«
aus dem Zyklus Negasphäre
Raimund Peter ist im PERRY RHODAN-Fandom bekannt für seine im wahrsten Sinn des Wortes großartigen Modelle und computergenerierten Videos. Nun hat er den ersten von vier Teilen seines GarchingCon-Videos von 2009 auf YouTube online gestellt.
René Spreer: Du bist im Fandom bekannt geworden für deine besonders großen Modelle von Raumschiffen und Raumstationen, mit denen du auf vielen Cons und Ausstellungen für Glanz auch in den Augen der Besucherinnen und Besucher gesorgt hast. Die FESTUNG DER INQUISITION hat es sogar aufs Titelbild von Heft 2150 »Festung der Inquisition« geschafft und ist damit Kanon der Serie geworden. Doch dann hast du deine Modellbau-Aktivitäten stark zurückgefahren.
Raimund Peter: Seit Dezember 2005 beschäftige ich mich intensiver mit Cinema 4D, einem Programm, mit dem 3D-Modelle und Animationen erzeugt werden können, wie etwa »Nemo« oder »Toy Story«. Der Vorteil gegenüber dem »normalen« Modellbau ist der, dass alles möglich ist und es auch etwas schneller geht. Auch der Besuch von Cons oder Ausstellungen ist mit einem Notebook einfacher als mit einem Anhänger voller Modelle.
Der Nachteil ist natürlich der, dass die Modellraumschiffe nur virtuell sind. Für die Präsentation ist immer ein Computer oder ein ähnliches Multimedia-Medium erforderlich.
RS: Nach dem Erfolg des Fanfilms »Die Straße nach Andromeda« (hier gehts zum Trailer) auf dem GarchingCon 2007 suchtest für den nächsten GarchingCon 2009 eine neue Herausforderung. Wie bist du fündig geworden?
RP: Die Idee, wieder ein Video für den GarchingCon zu machen, kam Ende 2007, als ich den 2400er Band »Zielzeit« von Robert Feldhoff gelesen hatte. Faszinierend war die Entstehung der JULES VERNE.
Die Beschreibung von der Konstruktion dieses Schiffes hat mich fasziniert. Warum nicht auch den Aufbau in der Aaron Quippo Werft in einem Video verwirklichen?
Anfangs wollte ich für den GarchingCon nur einen kurzen Clip vom 2400er Band machen – höchstens zwanzig Minuten. Spätestens beim Aufsetzen des Textes wurde mir dann klar, dass zwanzig Minuten auch bei größtmöglicher Kürzung nicht ausreichen würden. Robert Feldhoff hat in seinen Roman sehr viele Informationen hineingepackt.
Allein die Szene mit dem Zusammenbau der JULES VERNE geht über mehrere Seiten. Zugegeben, für den Leser nicht unbedingt lebenswichtig, aber ein Modellbauer findet gerade an diesen Szenen gefallen. Deshalb hab ich auch damit begonnen.
RS: Zwischen »Die Straße nach Andromeda« und »Operation Tempus« liegen nicht nur 2200 Romane, sondern auch über 2500 Handlungsjahre. Das bedeutet natürlich auch einen »optischen« Technologiesprung. Gab es ausreichend Quellen, die du zurate ziehen konntest?
RP: Einigermaßen aufwendig gestalteten sich die Schiffe der Laosoor. Es war ein wenig schwierig festzulegen, wie ein »zum Sprung geducktes« raubtierähnliches Schiff aussehen soll. Das Titelbild 2402 (»Der GESETZ-Geber«) von Dirk Schulz unterscheidet sich sehr wesentlich von der später veröffentlichten Risszeichnung. Somit entschied ich mich für eine eigene Version: ein Mittelding von beiden.
Neben dem »Hauptdarsteller« JULES VERNE entstanden noch viele neue Raumfahrzeuge wie Walzenschiffe der Schohaaken und natürlich die wichtigsten Fahrzeuge der Terminalen Kolonne. Maschinen, Dienstburgen, Kolonnenfähren und natürlich Traitanks.
RS: Die Darstellung der perryversischen Technik ist faszinierend, auch wenn der Computer-»Look« nicht jedermanns Geschmack trifft und treffen kann. Aber in erster Linie wollen die Fans doch sicher Perry und seine Gefährtinnen und Gefährten sehen!?
RP: Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich viele Charaktere auf meinem Computer angesammelt, die ich auf jeden Fall in den Film mit einbauen wollte. Neben den schon bekannten Gesichtern wie Perry, Gucky und Tolot gibt es nun auch Ketschua, Kantiran, Mondra, Bully und Kamuko.
Besonders Kamuko hatte es mir angetan. Wenn ich mir die Titelbilder 2422 (»Das verlöschende Volk«) und 2478 (»LICHT VON AHN«) von Swen Papenbrock betrachte, so hat man hier zwar den Eindruck eines exotischen Fremdlebewesens, assoziiert dieses aber nicht mit einer weiblichen Person.
Der Mensch, speziell die männliche Spezies, hat eine ganz bestimmte Vorstellung von weiblichen Personen. Egal ob Fremdlebewesen oder nicht. Disney und seine Mitarbeiter hatten seinerzeit schon versucht, dem Kinobesucher bei gezeichneten Figuren eine gewisse Weiblichkeit zu vermitteln. Man denke nur an Minni, Daisy, Bernard und Bianca und viele andere. Auch in den modernen Animationsfilmen von Pixar oder Dreamworks ist das so. Speziell in den Tierdarstellungen hat man besonderen Wert darauf gelegt, dass ein weiblicher Charakter entsprechend »rüberkommt«. Das erwartet sich der Zuseher.
RS: Die Gestaltung der Generalin Kamuko vom Volk der Aeganer bereitete dir daher besondere Schwierigkeiten, da die Aeganer ein Volk von Gestaltwandlern sind und nicht klar ist, ob sich Kamuko Perry Rhodan mit ihrem tatsächlichen Aussehen zeigt.
RP: Zugegeben, im Roman wurde Kamuko als entfernt humanoid, sehr dünn und ohne erkennbare weibliche Attribute geschildert. Damit war es letztendlich dem Leser überlassen, sich dieses Lebewesen vorzustellen. Ja ja. Papier ist geduldig.
Da erwartet man sich aber wenigstens im Film ein weibliches Gesicht. Ich nahm mir also die Freiheit, hier meine eigene Kamuko zu kreieren. Natürlich ohne die Grundbeschreibung dieser Person wesentlich zu verändern. Ich hoffe, es ist mir gelungen. Jeder sieht das natürlich anders. Es gibt sogar Leser in meinem Bekanntenkreis, die das Titelbild 2422 überhaupt nicht mit Generalin Kamuko in Verbindung brachten. Es gibt auch sehr viele Leser, für die ein Titelbild völlig unwichtig ist und auch nicht unbedingt einen Bezug zur geschriebenen Story haben muss. Das mag bei einem Buch vielleicht so sein, aber beim Heftroman erwarte ich mir schon einen Bezug zum Inhalt.
RS: Konntest du alle deine Ideen umsetzen?
RP: Zusätzlich zum Heft 2400 wollte ich noch die Romane 2420 »Ketschuas Mondflug« und 2426 »Aufbruch der Friedensfahrer« umsetzen. Aus Zeitgründen ist aber aus der Verfilmung von 2426 nichts mehr geworden. Kantiran und Kosmuel werden vorläufig leider keinen Auftritt haben. Auch Bully nicht.
RS: Einige Figuren wie etwa Gucky bereiteten auf Grund ihrer Anatomie besondere Probleme beim Computer-Modelling. Wie hast du das Problem gelöst?
RP: Obwohl Band 2420 um viele Wochen später erschienen ist als Band 2400, schließt er fast lückenlos an die Story an. Das Abenteuer mit dem kleinen Laosoor Ketschua fand ich als Abschluss geradezu ideal.
Die Entstehung dieser kleinen Person als CGI-Modell war allerdings eine der aufwendigsten.
Er sollte ja nicht unbedingt wie einer der erwachsenen Panther aussehen. Schließlich war er noch Schüler an der Akademie der Diebe. Daher verpasste ich ihm eher einen rundlichen Kopf. Abgesehen von dem Aufwand der voll beweglichen Ohrenhände haben die vielen Haar-Objekte des Fells meinen Rechner an den Rand des »Wahnsinns« gebracht. Wenn man bedenkt, dass eine »normale« Frisur meiner Figuren ungefähr 8000 Haare besitzt, so waren es beim Gucky-Kopf immerhin 20.000. Der kleine Ketschua besitzt ein Fell mit 80.000 Haaren. Bei einer Szene, in der Gucky und Ketschua gleichzeitig vorkamen, musste ich beide Personen getrennt rendern und anschließend im Blue-Box Verfahren wieder verheiraten. An eine dynamische Fellbewegung war gar nicht zu denken, ebenso wenig an Schattenwürfe dieser beiden Fell-Lebewesen.
RS: Kritik ist das Lebenselixier aller Kunstschaffenden. Holst du dir schon während des Modellierens Meinungen ein oder setzt du auf den Überraschungseffekt des fertigen Films?
RP: Bei all diesen Arbeitsschritten ist es immer wieder erforderlich, das Feedback von anderen einzuholen. Man wird nämlich mit der Zeit »betriebsblind«. Wenn man ununterbrochen dieselben Szenen sieht, bemerkt man die Fehler im Hintergrund nicht mehr. Deshalb ist eine konstruktive Kritik von Außenstehenden sehr hilfreich. Stefan Friedrich und Kollegen des Stammtisches Wien sei Dank.
RS: Welches Setting war das aufwendigste und umfangreichste, dass du für »Operation Tempus« erstellen musstest?
RP: Weil sich sehr viele Szenen im Inneren der JULES VERNE abspielten, war der Entwurf einer komplett eingerichteten Zentrale erforderlich. Neben den Personen zweifellos der aufwendigste Teil dieses Projektes. Hat aber sehr viel Spaß gemacht. Ich wollte nicht unbedingt einen Abklatsch meiner bestehenden CREST-Zentrale verwenden, daher beschloss ich, die Zentrale der JULES VERNE komplett neu zu machen. Mit richtigen Hologloben, animierten Bildschirmen und alles, was mein Programm zu bieten hat. Das ist immerhin eine ganze Menge. Rainer Castor hat sich mit der Beschreibung der Zentrale viel Mühe gemacht, auch Andreas Weiß mit seinen 3D-Modellen. Damit kann man schon was anfangen. Die Grundform des ovalen Raumes war ja recht schnell fertig. Aufwendig gestalteten sich aber dann die Details. Bildschirme, die aus Pulten wachsen können, Monitore, viele Armaturen mit vielen bunten Lampen und jeder Menge fremdartiger Bedienungselemente. Eine größere Anzahl von Piloten und Sesseln füllten die Zentrale zusätzlich.
Hier musste ich erstmals Einschränkungen machen und abgespeckte Low-Poly-Personen fabrizieren. Das heißt, Personen mit sehr wenigen Polygonen – so wie ein abgespecktes JPG-Bild wenige Pixel hat. Trotzdem entpuppte sich die komplett eingerichtete Zentrale aber zuletzt als »Monster«. Die Projekt-Datei auf der Festplatte hat immerhin um die siebzig Megabyte. Das klingt nicht viel, möchte man meinen. Insider wissen allerdings, das »normale« Dateien dieser Art meist eine Größe von fünf oder sechs Megabyte haben. Das hatte extrem lange Renderzeiten zur Folge. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Zentrale in mehrere Ansichten aufzuteilen. Inzwischen gibt es zwölf verschiedene Zentralenprojekte. Für jede Kameraeinstellung eine eigene, in denen immer nur die Objekte existieren, die gebraucht wurden. Diese Methode erfordert natürlich ein stark organisiertes Storyboard. Sonst verliert man bald die Übersicht.
RS: Vielen Dank für das Interview.
RP: Bitte sehr.
Auf der Homepage vom Garching Con und auf Erics Frostrubin-Page gibt es bereits Bilder aus dem Video. Verpackt in eine kleine Bildergeschichte.